Johannesburg – da spricht der Name schon für sich. Diese Stadt muss der Knaller sein!
Viele Jahre lang war mein schöner Name allerdings eher das Synonym für einen Ort, wo ein Menschenleben weniger Wert ist als eine warme Mahlzeit. Wo Recht und Ordnung dem Gutdünken von Drogendealern und Verbrechern folgen, und wohin sich die Polizei nur in Mannschaftstärke traut. Eine Stadt, in der das Betreten der Innenstadt dem Begünstigten nur einen Sachschaden beschert, dem weniger Glücklichen das beiläufige Lebensende.
Ganz schrecklich soll es hier gewesen sein, voll Obdachloser und Süchtiger; Besetzte Häuser mit unmenschlichen Lebensbedingungen und eine Gesellschaft bar jeglicher öffentlicher Kontrolle. Die wohlhabenden Weißen verschanzten sich in den idyllischen, grünen Außenbezirken wie Sandton oder Parkview, ihre Gartenmauern mit Elektrozäunen gesichert, kontrolliert von einer Armada privater Sicherheitsfirmen. Nach Downtown, Hillbrow, Braamfontein und in all die anderen gesetzlosen Viertel im Zentrum von Johannesburg ging ab den 80ern niemand, dem sein Leben lieb war. Nur in einer Top 10 Liste gewann Johannesburg regelmäßig: Bei den gefährlichsten Städten der Welt.
So war es, hört man. Vielleicht ist es übertrieben, wie so vieles, was aus der Ferne an Schlimmem berichtet wird, womöglich war es noch schrecklicher. Ich war nie dort.
Doch auch wenn die Realität nur ein Bruchteil des Beschriebenen war, dann ist ein kleines Wunder geschehen.
Ich habe bekanntlich sehr weiße Haut, und wanderte vollkommen unbehelligt durch die Straßen von Downtown. In der Hand keinen kleinen Fotoapparat, diesen munter benutzend.
Ich besuchte Künstlerquartiere, die charmant in alte Fabrikgebäude integriert wurden, und sah gutgelaunte Künstler aller Hautfarben bei der Arbeit. Die Boutiquen im Fashion Distrikt würden auch Berlin oder New York gut stehen. Fußgängerzonen, renovierte Altbauten, öffentliche Kunst. Auf den Straßen sah ich fast nur dunkelhäutige Südafrikaner – doch unsicher fühlte ich mich nicht.
Eine gewisse Spannung liegt in der Luft, die letzten Jahrzehnte haben sich in die Mauern der Stadt, in die Körpersprache und die Gesichter der Menschen eingegraben. Es ist kein Ort, wo der Besucher unbekümmert über die Bürgersteige flaniert. Wo er denken könnte: Ach, wie schön und süß und nett.
Nein, es ist die Wiederentdeckung eines verloren geglaubten Ortes, kurz nach dem das Arge gewichen ist und die Menschen verwundert in die Sonne blinzeln. Manche Ecken meidet man immer noch aus gutem Grund. Es ist kein Triumphmarsch, sondern ein vorsichtig optimistisches Tasten und Schauen. Überall kann man Zeichen entdecken, scharfsinnige Street Art und zeitgemäße Cafés, die das Alte, Hässliche in etwas Neues, Besonderes verwandeln.
Die alten Gebäude werden nicht abgerissen und durch geistlose Neubauten ersetzt. Nichts muss erhalten werden, vor allem nicht der böse Geist der dunklen Vergangenheit. Aber er wird auch nicht verdrängt, überspielt mit einem künstlichen Lachen.
Das schafft echte Freiheit.
Johannesburg ist der Knaller!
Danke an Südafrika für die Einladung!