Es fühlt sich so an, als ob eine dicke fette Geldregenwolke über Afrika gezogen ist und, kurz bevor sie das Kontinentende erreicht hat, schnell noch alles abgeregnet hat, was sie so im Gepäck hatte. Abflug Lusaka, Ankunft Johannesburg, andere Welt. In Südafrika gibt es Bürgersteige und Katzenfutter im Supermarkt und der Busfahrer schnauzt den Passagier an, der statt um 8:00 um 8:05 an der Bushaltestelle erscheint. Aber! Man darf sich nicht blenden lassen, erst wird man mit Justin Bieber Musikvideos in Sicherheit gewiegt und glaubt, splatter movies in Bussen hinter sich gelassen zu haben, und dann CUT und Rambo im Dschungel in voller Aktion. Um der Verunsicherung durch die plötzliche westliche Überflusswelt zu entgehen, ging es gleich weiter Richtung Lesotho, das Königreich des Himmels, Heimat der Mohairziegen und Bergponies, mit kurzem Zwischenstopp in Pietermaritzburg zum Finalegucken (Pietermaritzburg war ungefähr so spannend wie das Finalspiel, sehr ent-spannend). Unterhalb des Sani Passes haben wir uns in den Drakensbergen einem einäugigen Wanderführer anvertraut, der uns die Malereien der Buschmänner und die Skorpione näher gebracht hat: Je länger der Schwanz, desto gefährlicher.
Der Wandersmann war früher mal Bauer, bis er Anfang der 90er zwischen die Parteienfronten geriet und ein Messer seinem Auge zu nahe kam. Südafrikas politische Geschichte ist definitiv einen zweiten Blick wert, kommt gleich auf die Liste der Dinge, die im Leben noch erledigt werden müssen.
Von da an startete Operation Berg: Ziel sollte es sein, Lesotho einmal von Osten nach Westen zu durchqueren, um warm und sicher in Maseru anzukommen und dort gebührend den Geburtstag des Königs zu feiern. Dazwischen liegen ein Pass, der über 3200 m hoch liegt, sowie diverse Hügel derselben Gewichtsklasse. Den Pass bewältigten wir mit Hilfe eines 4×4 und seinem schnaufenden südafrikanischen Fahrer (er war etwas nervös, da er aufgrund des Schnees zwei Tage vorher auf dem Weg umkehren musste, was wegen der Serpentinen anscheinend ein traumatisches Erlebnis war) und erreichten die höchste Kneipe von Afrika.
Dort wurden wir herzlich von Roger willkommen geheissen, der uns zwang, eine Dissertation über das Leben der Eisratten (lokales Getier) zu lesen und massig Glühwein zu trinken. Wir schrieben den 14. Juli, allons enfants de la patrie. Da leider kein weiteres Auto es den Pass hinauf schaffte und der Minibus uns entgegen aller Erwartungen nicht mehr in sich reinquetschen wollte, übernachteten wir bei gefühlten -27 Grad in einem leeren Backpackerhaus und ließen uns am nächsten Tag von Lucky, dem Zollbeamten mit weiteren Zuständigkeiten für Immigration und Fahrzeugeinfuhr, in die nächste Stadt fahren. Lucky war es sehr kalt und langweilig, obwohl er erst seit zwei Wochen arbeitete, daher hatte er kein Problem damit, nach Mokhotlong zu fahren und bei der Gelegenheit seine Stromrechnung zu bezahlen, was angesichts der Temperaturen keine dumme Idee war. Frohgemut im Anschlussminibus kamen wir tatsächlich in Maseru an nach zweimal umsteigen und einer Reisezeit von nur zwölf Stunden, Rekord!
In Maseru wohnt nun der Marcel, mit dem ich nach investigativer Gehirnkramerei errechnet habe, dass wir uns zuletzt vor sieben Jahren gesehen haben, na bravo! Nahtlos anknüpfend an Malawi machten wir gleich Bekanntschaft mit der geschlossenen DED-Gemeinschaft von Maseru. Nächster Programmpunkt: Ponytrekking in den Bergen bei Malealea. Darf man nur machen, wenn man maximal 90 kg wiegt, ich habe die Gewichtskontrolle erfolgreich bestanden und durfte mein Pony besteigen, das unerschrocken 10%-Steigungen hoch und runter stiefelte, vier Stunden lang. Beeindruckende, wunderschöne Landschaften, traumhafter Sonnenschein, und nicht mal selber laufen musste ich! Gutes Essen, heiße Dusche, was war ich selig. Bis zur nächsten und wahrscheinlich letzten afrikanischen Minibusfahrt am nächsten Morgen, da der Fahrer anscheinend bei der lesothischen Version von Pimp My Ride mitgemacht hatte, die ihm riesenhafte Stoßdämpfer und einen ordentlichen Subwoofer im hinteren Teil des Wagens beschert hatte, was wiederum dazu führte, dass ich auf der letzten Bank nur mit Oberkörper flach auf den Knien und Ohr an den Lautsprecher gespresst sitzen konnte. Damit hatte ich Glück, eine Basotho-Schönheit verdrängte mit ihrem beeindruckendsten Körperteil den Schaffner aus dem Bus, der sich daraufhin hinten an die Ladeklappe hängen musste. Mir war wenigstens warm. Doch auf Transportregen folgt Transportsonnenschein, und wir konnten mit einem Freund von Marcel mit einem Auto nach Johannesburg fahren, welch ein Luxus, welch eine Wonne für den geschundenen Ponypopo! Danke an alle Menschen, die unsere letzten Tage in Afrika so besonders gemacht haben, sei es durch Hilfsbereitschaft, Organisation der Ersten Afrikanischen Flunkyballmeisterschaft oder einfach nur Dasein. Und natürlich herzlichen Glückwunsch, Lethsi III und Madiba!